Für ihre Kollektion nahtloser und laufmaschenresistenter Strumpfhosen hat ISM Alumna Alexandra Tymann den Red Dot Product Award gewonnen. Nun bringt sie mit ihrem Label Hedoine die erste biologisch abbaubare Strumpfhose auf den Markt, die auch laufmaschenresistent ist. Wie sie mit ihrem Strumpfhosen-Label der Wegwerfkultur in der Modebranche entgegenwirken will und wie Nachhaltigkeit und Fashion in Zukunft zusammenpassen, erzählt sie im Interview.




Alex, du hast zuvor im Consultingbereich gearbeitet. Wie bist du dazu gekommen, eine eigene Fashion Brand für Strumpfhosen zu gründen?

Mich hat das Gründen schon immer fasziniert. Eines Abends sprachen meine damals sehr gute Freundin und heutige Co-Founderin Anna und ich darüber, wie albern wir die meisten Werbekampagnen finden und dass uns keine Brand einfällt, die die moderne Frau, wie wir sie kennen, widerspiegelt. Als klar war, dass wir die gleiche Brandvision haben, stellten wir uns die Produkte vor, die wir - damals noch hypothetisch - verbessern wollten. Wir stellten uns die Frage, welche Produkte seit Ewigkeiten keine Innovation mehr erfahren haben und welche wir, einfach ausgedrückt, extrem nervig finden. Strumpfhosen standen an erster Stelle und so fing es an - nach langer Recherche, Analyse des Business Cases und dem ersten Sampling waren wir überzeugt, kündigten unsere Jobs und stürzten uns in das ‘Abenteuer Gründen’. Kurz darauf konnten wir namhafte Investoren für das Business gewinnen, wie bspw. den damaligen CEO von Jimmy Choo, unsere Produktrange schnell ausweiten und das Business skalieren.


Was ist das Innovative an euren Strumpfhosen?

Strumpfhosen sind dafür bekannt, dass sie Laufmaschen werfen, rutschen, am Bund in die Haut einschneiden, eine Naht im Schritt haben (sieht aus als trüge man Omas Unterhose) und einfach lästig sind. Wir haben all das geändert und 20 Denier Strumpfhosen entwickelt, die sehr angenehm zu tragen sind, länger halten und zudem auch gut aussehen. Beispielsweise haben wir die besagte Naht entfernt und sowohl die Sohlen als auch das Kompressionsband, das in zwei verschiedenen Höhen verfügbar ist, mit einem eleganten Muster versehen. Das Material ist sehr weich und durch die richtige Balance aus glänzendem und mattem Finish wirken sie am Bein sehr natürlich. Vor allem aber halten sie länger (wenngleich sie nicht unkaputtbar sind) und werfen keine Laufmaschen.


Im September werdet ihr eine biologisch abbaubare Strumpfhose auf den Markt bringen. Wie seid ihr dazu gekommen?

Daran arbeiten wir bereits seit dem ersten Tag, denn nichts in unserem Kleiderschrank repräsentiert Wegwerfkultur mehr als Strumpfhosen. Mit dem richtigen Garn und einer besonderen Herstellungsweise konnten wir nun die Laufmaschen-Resistenz mit biologisch abbaubarem Garn kombinieren. 


Wie kann man sich eure „Biodegradable Tights“ genau vorstellen? 

Strumpfhosen bestehen aus Nylon und Elasthan, beides sind keine nachhaltigen Materialien. Bei den biologisch abbaubaren Strumpfhosen kann der Nylonanteil (85%) allerdings im anaeroben Zustand, sprich auf einer Mülldeponie, durch Bakterien innerhalb von 3-5 Jahren komplett zersetzt werden. Übrig bleibt das Elasthan (15%). 


Neben euren laufmaschenresistenten und biologisch abbaubaren Strumpfhosen habt ihr außerdem ein neues Recyclingprojekt ins Leben gerufen. Was hat es damit auf sich?

Bis biologisch abbaubare Strumpfhosen Standard bei allen Marken werden, wird es noch einige Zeit dauern. Deswegen haben wir unser Recycling Projekt ins Leben gerufen: Nachdem Strumpfhosen und Leggings ein langes, erfülltes Leben hatten, können sie als nützliche Gegenstände wiederverwertet werden, wie bspw. Reifen oder Dämmmaterial. Dazu können unsere Hedoines ihre Strumpfhosen und Leggings, egal welcher Marke, einschicken und somit den Lebenszyklus unserer Kleidung, die für Wasserverschmutzung, Treibhausgase und Müllaufkommen verantwortlich ist, nachhaltiger gestalten.


Das Thema Nachhaltigkeit nimmt einen großen Stellenwert bei Hedoine ein. Trotzdem sagt ihr selbst, dass es keinen wirklich nachhaltigen Konsum gibt. Wie lässt sich das vereinen?

Leider gibt es (bisher) keinen gänzlich nachhaltigen Konsum, das stimmt. In unserer Gesellschaft wird der Konsum auch nicht plötzlich aufhören, sodass wir versuchen, unseren Beitrag dazu zu leisten, zumindest möglichst nah an das nachhaltige Ideal heranzukommen. 


Was muss deiner Meinung nach passieren, damit sich Konsum und Nachhaltigkeit in Zukunft nicht mehr ausschließen?

Mit diesem Thema könnte man ganze Bücher füllen, was an vielen Stellen ja auch getan wird. Stark heruntergebrochen würde ich sagen, dass an so vielen Punkten im Konsumkreislauf wie möglich angesetzt werden muss. Neben der Verhaltens- und Einstellungsänderung der Verbrauchenden bedarf es vor allem Innovation und Bereitschaft zur Veränderung in der Industrie. Nur wenn nachhaltige Entscheidungen für Verbrauchende greifbar sind und vollwertige Alternativen darstellen, können wir als Gesellschaft signifikante Schritte in Richtung Nachhaltigkeit machen.  


Was kann ich deiner Meinung nach als Verbraucher für mehr Nachhaltigkeit im Bereich Fashion tun?

Im Kern: kaufe weniger und kaufe smarter, das heißt, das, was gekauft wird, sollte langlebig sein und einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Setze Dich mit wesentlichen Themen zu Produktion und Materialien auseinander und bilde Dein eigenes Urteil - einige Marken legen Vieles über ihre Herstellungsprozesse und Nachhaltigkeit offen, was uns bei Hedoine auch sehr wichtig ist.


Welche Vision hast du für dein Label und die Modewelt in Bezug auf Nachhaltigkeit?

Mit Hedoine wollen wir neue Standards im Legwear-Bereich setzen und Innovationen mit vorantreiben, um uns durch nachhaltige Produkte so weit wie irgend möglich von sinnloser Wegwerfkultur zu entfernen. Dies tun wir nicht nur im Bereich Strumpfhosen, sondern auch Verpackung und Produktion. Beispielsweise nutzen wir recycelbare Materialien und reduzieren unseren Wasserverbrauch bei der Produktion drastisch. Wir hoffen darauf, dass sich die Modewelt schon sehr bald beim Thema Nachhaltigkeit an noch höheren Standards misst, die dann auch wirklich flächendeckend Anwendung finden sollten. 




Zur Person

Alexandra hat 2010 ihr Bachelorstudium in International Management an der ISM abgeschlossen und zunächst in der Restrukturierungsberatung bei PwC gearbeitet. Mit ihrem Label Hedoine will sie das Thema Nachhaltigkeit in der Modebranche vorantreiben. Dafür hat das Label eine biologisch abbaubare Strumpfhose entwickelt und ein Programm zur Wiederverwertung von Strumpfhosen ins Leben gerufen. Mehr zum Recyclingprojekt von Hedoine findet ihr hier.